Wintersession 2020
Mein kurzer Rückblick auf die Wintersession 2020
Parlamentserklärung
Die erste Sessionswoche endete mit einem Tiefpunkt, denn die bürgerliche Ratsmehrheit drückte gegen unseren vollen Widerstand eine Parlamentserklärung für den Wintertourismus durch. Dazu muss man sagen: Parlamentserklärungen gibt es selten. Das letzte Mal, dass eine Parlamentserklärung abgegeben wurde, war im Mai dieses Jahres. Darin forderte der Nationalrat die Staatengemeinschaft und alle Konfliktparteien auf, sich unverzüglich an einem globalen Waffenstillstand zu beteiligen und die Corona-Pandemie und deren Folgen in Kooperation und gegenseitiger Solidarität zu bekämpfen. Die vorletzte Erklärung des Nationalrats betraf den Syrienkrieg. Nun stellte die Ratsmehrheit also die Gondelikapazitäten auf die gleiche Stufe. Das ist ein Affront gegenüber allen, die Angehörige verloren haben. Gegenüber dem Spitalpersonal, den Kulturschaffenden und der Gastrobranche. Gegenüber allen, die stark unter der aktuellen Situation leiden. Ich schämte mich, in diesem Parlament zu sitzen und über eine Extrawurst für den Skitourismus zu sprechen, während es in der Bevölkerung Existenzängste, Leid und Unsicherheit gibt.
Covid-19
Eines der Hauptthemen dieser Wintersession war natürlich die Corona-Pandemie. Unsere Fraktion hat sich mit grossem Engagement dafür eingesetzt, dass Menschen und Unternehmen, die wegen Corona unter Umsatz- oder Lohneinbussen leiden, besser unterstützt werden. Mit Erfolg: Auch dank uns Grünen können Selbständige nun Erwerbsersatz beantragen, wenn sie wegen Corona mehr als 40 Prozent des Umsatzes verlieren. Zudem erhalten Menschen mit tiefem Einkommen, die in Kurzarbeit sind, höhere Kurzarbeitsentschädigung und die Härtefall-Hilfen für besonders stark betroffene Unternehmen werden um weitere 1,5 Milliarden Franken aufgestockt. Weiter wird die Rückzahlungsfrist für Corona-Kredite für Unternehmen auf 8 Jahre verlängert. Trotz all diesen Erfolgen sind die wirtschaftlichen Unterstützungsmassnahmen noch viel zu zögerlich. Der Bundesrat muss nun direkte Entschädigungen für die betroffenen Branchen beschliessen. Unsere Fraktion setzt sich auch nach der Wintersession weiterhin für eine klare Eindämmungsstrategie zum Schutz der Verwundbarsten ein und wir bieten Hand für einen grünen und sozialen Ausweg aus der Krise.
Menschenrechtstag
Am 10. Dezember, dem internationalen Tag der Menschenrechte, haben ich und fünf weitere Parlamentarierinnen unserer Fraktion Vorstösse eingereicht, die fordern, dass die Schweiz konsequenter handelt, um sexueller Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz ein Ende zu setzen. Denn im vergangenen Herbst sind mehrere gravierende Fälle von sexueller Belästigung, Mobbing und Gewalt gegen Frauen* an öffentlichen Einrichtungen publik geworden: Bei der RTS, an der ETH Lausanne, bei der SNB und an der Eidgenössische Hochschule für Sport Magglingen EHSM.
Mit der gleichzeitigen Einreichung der verschiedenen Vorstösse will unsere Fraktion konkrete und schnelle Verbesserungen erreichen und eine Politik der Null-Toleranz fördern – und zwar in der Verwaltung und in öffentlich-rechtlichen Einrichtungen. Einen ersten Erfolg haben wir bereits erzielt: Dank unserem Druck und als Antwort auf die Vorfälle in Magglingen wird per 1. Januar 2022 eine unabhängige Meldestelle für Opfer von Missständen und Missbrauch im Sport geschaffen.
Pestizidbelastung
Inhaltlich haben wir im Nationalrat ausserdem über den inoffiziellen Gegenvorschlag zur Pestizidinitiative debattiert. Dieser stellt zwar gegenüber dem Ist-Zustand eine Verbesserung dar, soll aber vor allem der Volksinitiative den Wind aus den Segeln nehmen. Zwar hat der Rat einen Antrag von meinem Berner Fraktionskollegen Kilian Baumann angenommen, dennoch ist die Vorlage aus Sicht der Grünen bei weitem nicht ausreichend. Wir brauchen unbedingt griffigere und verbindlichere Bestimmungen, um die Risiken für Flüsse, Seen und Grundwasser durch Pestizide zu reduzieren. Nächsten Sommer kann ja aber zum Glück die Bevölkerung über die Trinkwasser- und die Pestizidverbotsinitiative abstimmen.
Ehe für alle
Die Wintersession 2020 endete mit einem Highlight. Auf den Tag genau 22 Jahre zuvor hatte Ruth Genner, die frühere Präsidentin und Nationalrätin der Grünen aus Zürich, den ersten Vorstoss zur Ehe für alle eingereicht. Nach zwei langen Jahrzehnten hat das Parlament nun endlich JA gesagt zur Ehe für alle. Die Freude in unserer Fraktion und bei der LGBTIQ*- Community ist riesig. Ich hoffe einfach, dass wir für den nächsten gesellschaftspolitischen Fortschritt nicht wieder so lange brauchen. Und falls die nötigen Stimmen für das angedrohte Referendum gegen die Ehe für alle zusammenkommen, gewinnen wie diese Abstimmung haushoch. Denn: Liebe ist Liebe und diese hat für einmal gesiegt. Und mit dieser guten Neuigkeit wünsche ich euch allen frohe Weihnachten und einen guten Start ins neue Jahr.